15.07.2024 Montag

Das Einchecken allein beanspruchte mehr als zwei Stunden meiner Zeit. Viele enttäuschte englische Fußballfans befanden sich auf ihrer Heimreise. Der verspätete Start wurde durch das beeindruckende Sicherheitsballett der Crew ein wenig aufgehellt.
Mit einer Stunde Verspätung startete ich am späten Nachmittag meinen Flug nach Edinburgh. Die verlorene Stunde Wartezeit holte ich durch Zurückstellen der Uhr problemlos wieder auf, denn in Großbritannien ist es eine Stunde früher als in Hamburg.

Die halbstündige Busfahrt vom Flughafen in die Stadt zeigte das vertraute Bild englischer Städte. Hier und da ragt ein palastartiges Gebäude empor, ansonsten säumen kleine, meist schmale Häuser die Straßen, die alle wunderbar grau wirken, weil der Stein, aus dem sie gebaut sind, noch feucht vom letzten Regen ist.
An der Endstation des Busses steige ich in ein geräumiges Taxi englischer Bauart und fahre zu meinem Bed & Breakfast. Direkt unterhalb von Arthurs Seat, in einer Sozialbausiedlung aus den 1950er Jahren, empfing mich mein Gastgeber. Saiyuan, ein chinesischer Philosophiestudent, der seit drei Jahren in Edinburgh studiert, begrüßte mich herzlich. In der Nachbarschaft, in der sich auch der Holyrood Palace befindet, lud ich ihn auf eine Pizza ein. Wir verbrachten einen sehr netten und langen Abend zusammen, in dem Restaurant, in dem keine Dudelsackmusik gespielt wurde.
16.07.2024 Dienstag

Vor 20 Jahren hatte ich Theodor Fontanes “Jenseit des Tweed” (es fehlt kein “s”) als Reiseführer in der Tasche – wie auch dieses Mal. Im Jahr 1858 unternahm er eine Reise durch Schottland, und in der Ausgabe, die ich besitze, sind alle Orte im Register verzeichnet. So kann ich seine Beobachtungen und Kommentare leicht nachlesen. Er schreibt sehr ausführlich über die Royal Mile, wie die High Street eigentlich heißt, denn sie ist die Hauptstraße zwischen dem königlichen Palast, Holyrood Palace, und dem Schloss, Edinburgh Castle. Mit seinem Bericht in der Hand erlebt man diese Straße wie ein lebendiges Geschichtsbuch. Fontane verknüpft seine Beobachtungen mit der Geschichte Edinburghs, Schottlands und seiner Herrscher. Noch heute schlägt hier das Herz der Stadt und zieht viele Touristen an.
Das Einhorn ist ein Symbol in der schottischen Kultur, das Stärke, Unabhängigkeit und Reinheit repräsentiert. Seit dem 12. Jahrhundert auf dem königlichen Wappen Schottlands abgebildet, symbolisiert es auch die Macht des schottischen Königs und den Wunsch nach Freiheit. Als Nationaltier verkörpert das Einhorn die stolze schottische Identität.

Das schottische Parlamentsgebäude steht in unmittelbarer Nachbarschaft zum Holyrood Palace. Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, warum man in ein mittelalterliches Gebäudeensemble einen brutal rohen Betonbau setzt, der von allen Seiten betrachtet nur hässlich ist. Diese architektonische Scheußlichkeit hat der katalanische Architekt Enric Miralles begangen, natürlich in Zusammenarbeit mit den örtlichen Stadtplanern.

Königin Maria Stuart, Königin von Schottland, lebte von 1561 bis 1567 im Holyrood Palace. Ihr Schlafzimmer und einige andere Räume sind mit Gegenständen gefüllt, die sie während ihres Lebens im Palast benutzte. Im Speisesaal wurde David Rizzio, der Privatsekretär und angebliche Liebhaber der Königin Maria, ermordet. Er wurde von Lord Darnley, dem Ehemann der Königin, vor ihren Augen 56 Mal erstochen. Stefan Zweig beschreibt das Leben Maria Stuarts in seiner Biographie eindrucksvoll und einfühlsam. Auch Theodor Fontane lässt diese spannende Epoche in seinen Reisebericht einfließen.


Die Highstreet in Edinburgh ist ca. 1,6 km lang und steigt stetig an, um schließlich vor dem Edinburgh Castle auf dem Hausberg der Stadt zu enden. Der Vorplatz des Schlosses ist bereits für das in zwei Wochen stattfindende Military Tattoo hergerichtet. Leider kenne ich diese Veranstaltung nur aus dem Fernsehen und ich bedaure, dass ich nicht dabei sein kann.

Adam Bothwell war ein schottischer Geistlicher, Richter und Politiker, der eine wichtige Rolle in der Geschichte Schottlands spielte. Er war an der Hochzeit von Maria, Königin von Schottland, mit Franz, dem Dauphin von Frankreich, beteiligt. Nach dem Tod von Franz war Bischof Adam Bothwell auch an der Hochzeit von Maria mit dem Grafen von Bothwell beteiligt. Außerdem krönte er Marias Sohn, den Säugling James VI, zum König von Schottland. Als Königin Elisabeth I. 1603 kinderlos starb, wurde Jakob VI. auch König von England und Irland. Damit begann die Herrschaft der Stuart-Dynastie über England, Irland und Schottland. Jakob VI. von Schottland wurde als Jakob I. auch König von England und Irland. Nicht nur in der britischen Geschichte muss man auf die Nummerierung achten.
Zwischen den große Häusern gibt es immer wieder kleine Durchgänge zu dahinterliegende Häusern und Höfen, die oft mit ganz netten kleinen Restaurants oder Cafés bewirtschaftet werden.


Ich gehe gerne und oft in Museen und kenne viele, die sich den unterschiedlichsten Themen widmen. Und dieses
National Museum of Scotland, ein Museum für Naturwissenschaften, Technik und Kunst, das in einem wunderschönen Gebäude aus dem Jahr 1888 untergebracht ist, gehört zu meinen Lieblingsmuseen. Was hier auf den ersten Blick wie ein riesiges Durcheinander aussieht, hat eine subtile Ordnung, die Lust macht, in den nächsten Raum zu eilen, um Neues zu entdecken. Ich habe noch nirgends so viele begeisterte Kinder und Jugendliche gesehen wie in diesem Museum.
Die Ausstellung im Berliner Schloss finde ich dagegen superlangweilig. Dort steht zum Beispiel „Tibetische Gebetsmühle, 18. Jahrhundert, Holz“. Hier wird in einem kleinen Video gezeigt, wie eine Gebetsmühle funktioniert und welchem spirituellen Zweck sie dient.




Ich statte dem kleinen Writers Museum einen kurzen Besuch ab. Hier erfahre ich, dass der Autor der Schatzinsel, Robert Louis Stevenson, eine Zeit lang auf Samoa gelebt hat und überhaupt ein sehr aufregendes und reiselustiges Leben geführt hat.
Nach mehr als 15.000 Schritten und 39 Stockwerken Treppensteigen, denn in Edinburgh muss man ständig auf- und absteigen, um den Weg fortzusetzen, gehe ich zurück in meine Unterkunft, um ein verspätetes Mittagsschläfchen zu halten 😉
Diese beiden jungen Männer spielten großartig, aber zum Glück nicht vor meiner Haustür.

17.07.2024 Mittwoch
Bilanz des Tages: 18.645 Schritte und 54 Etagen Treppensteigen lt. meinem unbestechlichen Fitness Tracker. Ich bin bei Sonnenschein und 20 Grad und auflandigem Wind kreuz und quer durch die Stadt gewandert. Davon werde ich später berichten. Zur Zeit quäle ich mich mit einem Serverproblem herum, das zuerst behoben werden muss, bevor ich Fotos hochladen kann. Ich hoffe, dass ich das Problem schnell gelöst bekommen. Für heute sage ich erst einmal: Tschüs!
Am Morgen danach: Hurra! Die technische Krise hat mir etwas Schlaf geraubt, aber jetzt läuft alles wie gewohnt – bis zum nächsten Mal 😉


Die Sonne scheint schon so warm, dass ich mich umentscheide, nicht auf den Arthurs Seat zu steigen, sondern lieber auf den Calton Hill. Zuerst gehe ich wieder an dem hässlichen Parlamentsgebäude mit den seltsam vergitterten Fenstern vorbei. Zum Arthurs Seat gäbe es einen bequemen Fußweg, zum Calton Hill Treppen. Und das sind nicht wenige. Die herrliche Aussicht auf die Burg und die Stadt lädt zum Verweilen ein. Ich bin zwar schnell, aber auch etwas außer Atem oben angekommen. Von dort aus kann man das Meer sehen, das nicht weit entfernt ist. Der Calton Hill ist ein erloschener Vulkan und der dazugehörige Park ist seit 1723 einer der ältesten öffentlichen Parks Großbritanniens. Auf dem Gipfel des Hügels befinden sich einige bedeutende Denkmäler und Gebäude.



Das Viertel mit den auffallend hellen Steinhäusern ist die Neustadt. Um 1800 entstand die New Town von Edinburgh. Um eine Lösung für die immer dichter besiedelte Altstadt zu finden, wurde sie buchstäblich am Reißbrett geplant. Die Neustadt wurde in Etappen zwischen 1767 und etwa 1850 erbaut. Sie ist ein herausragendes Beispiel georgianischer Stadtplanung und Architektur und repräsentiert die fortschrittlichen Ideale der Aufklärung. Heute ist die Neustadt bekannt für ihre prachtvollen Straßen und eleganten Boulevards mit vielen Geschäften für Nicht-Touristen. Viele renommierte Museen und Galerien sind hier zu finden. Es gibt also viel zu tun. (Mama, die deutsche Übersetzung findest du oben im Browser)


An die Fernsehserie „Das Haus am Eaton Place“ erinnerte mich der Besuch im Georgian House. Wer zu dieser Zeit Geld oder ein Stück Land besaß, dem ging es gut. Charles Dickens erzählt in seinen Romanen, wie erbärmlich es den meisten anderen Menschen ging. Aber im Hier und Jetzt macht es Spaß, für eine Weile in das Leben in so einem Haus einzutauchen. Ich glaube, ich hätte hier sehr gut leben können. Allein schon wegen der umfangreichen Bibliothek des Hausherrn.

Ist das schottischer Humor oder eine Form von Mitgefühl?
Das berühmte Balmoral Hotel liegt in der Princes Street, nur einen Steinwurf vom Bahnhof Waverley entfernt. Bemerkenswert ist die große Uhr auf dem Turm des Hotels, die immer drei Minuten vor geht. Dies ist eine Tradition, die den Reisenden helfen soll, ihren Zug rechtzeitig zu erreichen. Nur an Silvester (Hogmanay) wird die Uhr richtig gestellt.
Da es sich um ein 5-Sterne-Hotel handelt, bin ich natürlich zum Tee eingekehrt. Das kann ich mir leisten. Aber viel lieber gehe ich in einen der vielen Pubs, die zum Teil schon Jahrhunderte alt sind. Das älteste, The Sheep Heid Inn, wurde 1360 gegründet.
Leider kann man es auch mit größter Anstrengung nicht schaffen, alle Pubs der Stadt zu besuchen, auch wenn der Versuch Spaß machen würde. So sehen die drei Pubs aus, in denen ich heute eingekehrt bin.



Nach zwei Tagen in Edinburgh hole ich am Donnerstag den Mietwagen ab, denn dann geht es weiter in die Highlands. Ich habe zwar einen etwas steifen Nacken vom Rechts-Links-Rechts-Schauen, aber die Spaziergänge durch die Stadt waren ein gutes Training fürs Autofahren.