J. W. G.

Die biografischen Daten von Johann Wolfgang von Goethe sind schnell gegoogelt. Er wurde am 28.08.1749 geboren und lebte bis zum 22.03.1832. Er wurde also 83 Jahre alt.

Aber wie sah es in Deutschland bzw. in Europa aus?

Mit den folgenden Informationen möchte ich in der Tat nur eine „Skizze“ der Zeit des 18. Jahrhunderts geben. Dieses Jahrhundert ist aber so interessant, dass es sich lohnt, sich näher damit zu beschäftigen, weil man immer wieder auf spannende Geschichten und Biographien stößt.

 

  • 1683 Gründung der Kolonie Groß Friedrichsburg in Ghana durch brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Beginn des deutschen Kolonialismus.
  • In diesem Reichsverband lebten in der Mitte des 18. Jahrhunderts etwa 25 Millionen Deutsche. Nicht nur in den beiden Großmächten Preußen und Österreich, sondern auch in jedem kleinen Fürstentum lebte der Adel mit seinem Hofstaat in Saus und Braus, während der größte Teil der Bevölkerung als Bauern ihren Grundherren oder als Handwerker ihren Zünften verpflichtet war. Noch tiefer standen die Leibeigenen. Die Ständeordnung regelte das tägliche Leben streng. Einen Mittelstand, wie wir ihn kennen, gab es nicht.
  • Die rund 4.000 Städte waren nicht durch befestigte Straßen, sondern durch sandige Wege miteinander verbunden. Das Reisen war sehr beschwerlich und zeitaufwendig. Oft mussten Pferde gewechselt oder Zollformalitäten erledigt werden. Allein zwischen Bamberg und Mainz (ca. 250 km) gab es 33 Zollstationen, an denen der Zoll in verschiedenen Währungen (Taler, Dukaten, Heller, Pfennige) entrichtet werden musste. All dies behinderte die wirtschaftliche Entwicklung in den deutschen Staaten.
  • Die meisten deutschen Städte hatten zwischen 2.000 und 4.000 Einwohner. Um 1800 hatte Goethes Weimar  6.265 Einwohner. Nur Hamburg mit 130.000, Berlin mit 172.100 und Wien mit 260.00 Einwohnern hatten wesentlich mehr Einwohner. Rom hatte 163.000, Paris 550.000 und London 948.000 Einwohner. Stadtluft macht frei – aber auch elend! Der größte Teil der Stadtbevölkerung lebte in unvorstellbarer Armut und unter schrecklichen hygienischen Bedingungen.
  • Die Große Pest von 1708 bis 1714 ist noch nicht vergessen. Die Pocken waren das Killervirus im Europa des 18. Jahrhunderts. Jährlich starben 400.000 Menschen. Die Sterblichkeitsrate lag bei 30 Prozent und mancherorts sogar darüber, vor allem Kinder waren betroffen. Die allgemeine Kindersterblichkeit lag bei 33 Prozent. ein Großteil der Bevölkerung litt unter Hunger und Mangelernährung. Wer nicht an der Pest starb, überlebte u.a. Cholera, Pocken, Typhus oder Fleckfieber nicht. Der König Friedrich Wilhelm ließ es an einem Wumms fehlen. Für die Krone seiner Gemahlin gäbe er 250.000 Taler aus, sehr viel mehr als er für die Unterstützung der Armen zur Verfügung stellte.
  • Der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. von Preußen erließ 1732 ein Einwanderungspatent, dass 15.000 verfolgte Salzburger Protestanten (wegen Mangel an Arbeitskräften) in Preußen aufnahm. Seine spezielle Vorliebe für Lange Kerls trieb er auf die Spitze, als er 1716 sein Bernsteinzimmer gegen 55 hünenhafte Krieger von Zar Peter eintauschte. Sein Sohn Friedrich II. der Große (von Preußen) musste 1730 der Exekution seines Liebhabers Hans Hermann von Katte beiwohnen.
  • 1726 Baubeginn der esten Frauenkirche in Dresden. 1750 wird der Grundstein für den „Michel“, die St. Michaelis Kirche in Hamburg gelegt.
  • Das Erdbeben von Lissabon von 1755 zerstörte die Stadt und forderte bis zu 100.000 Tote. Ganz Europa war erschüttert.
  • Der Siebenjährige Krieg von 1756 bis 1763 zwischen Preußen, Habsburg, Frankreich und Russland forderte u.a. ca. 550.000 Tote und leerte die Staatskassen. Der große Verlust an Arbeitskräften wurde durch eine geschickte Einwanderungspolitik, die Friderizianische Kolonisation, ausgeglichen. Jeder zehnte Deutsche lebte auf der Straße. Wie schlimm es den Ärmsten der Armen erging, erzählt die Biographie von Mathias Klostemayr – eine Art schwäbischer Robin Hood.
  • Das Zeitalter der Industrialisierung nahm mit den physikalischen Entdeckungen des 18. Jahrhundert seinen Anfang. z. B.
    • 1769: James Watt erfindet in England die erste Dampfmaschine und löst damit ein industrielles Wirtschaftswunder aus. Der deutsche Industrie-Spion Carl Friedrich Bückling spioniert die englischen Anlagen aus, um sie zu Hause in Deutschland 1783 „nachzuerfinden“. Kupfer für den deutschen Kanonenbau musste nicht nicht mehr importiert werden, weil es in heimischen Bergwerken abgebaut werden konnte.
    • 1785: Edmund Cartwright baut den ersten mechanischen Webstuhl.
    • 1814: George Stephenson gelingt die Erfindung der Dampflokomotive.
    • 1829: Zwischen Liverpool und Manchester wird die erste Eisenbahnlinie gebaut.
  • Die großen geographischen Entdeckungen wurden iim Zeitalter der Renaissance, also im 15. und 16. Jahrhundert, von Christoph Kolumbus, Vasco de Gama, Ferdinand Magellan, Francis Drake gemacht. Sie alle mussten mit ungenauen Seekarten segeln. Auf den Seekarten fehlten die Angabe der Längengrade. Erst dem schottischen Uhrmacher John Harrison gelang es eine see-tüchtige Uhr zu bauen, mit deren Hilfe die Längengrade bestimmen werden konnten. lm 18. Jahrhundert gab es für Naturforscher wie z. B. Alexander von Humboldt in Süd-Amerika noch viel zu entdecken und erforschen. Die Welt schien größer zu erden, was im Widerspruch zu der Tatsache stand, dass um 1800 immer noch130.000 Menschen innerhalb der Stadtmauern von Hamburg lebten.
  • Die Parole „Liberté, Egalité, Fraternité“ der Französischen Revolution von 1789 wurde von den Menschen, die im städtischen Elend oder quasi als Leibeigene der Junker auf dem Lande lebten, aber auch von den aufgeklärten Intellektuellen in den deutschen Kleinstaaten verstanden. Es entstand so etwas wie ein neues Ich-Bewusstsein, das sich entwickeln und sein Schicksal selbst in die Hand nehmen wollte. In der Hansestadt Hamburg durfte sich per Gesetz kein Adel niederlassen. Nur Kaufleute, die über genügend Grundbesitz in der Stadt verfügten, durften die Stadtpolitik bestimmen. Tüchtige Talente konnten hier durch Bildung und Leistung aufsteigen. Sie wussten die Chancen der im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg neutralen Hafenstadt zu nutzen.
  • 1805 überrennt Napoleon Deutschland. Preußen und Österreich haben ihm nichts entgegenzusetzen. Am 19.11.1806 marschiert dieser unverschämte Franzose sogar in Hamburg ein und bleibt acht Jahre! Kaiser Franz II (nicht der von Sissi!) dankt am 06.08.1806 ab. Das Völkerschlacht-Denkmal bei Leipzig erinnert an Napoleons Niederlage in Deutschland am 19.10.1813 und damit an die Besetzung des Deutschen Bundes, der zwar keinen Kaiser, aber noch jede Menge Fürsten hatte, die (bis 1848 noch) nicht daran dachten, ihre Macht demokratisch zu teilen.
  • Ein Vulkanausbruch in Indonesien machte das Jahr 1816 weltweit zum „Jahr ohne Sommer“. Hunger, Seuchen und Inflation setzten Mensch und Tier weltweit zu, besonders aber den kriegsmüden Europäern. Die große Auswanderungswelle nach Amerika setzte ein. Natürlich nicht mit dem Fahrrad, das zunehmend das Reitpferd ersetzte.
  • Am 18.10.1817 kam es zum 1. Wartburg-Fest, dass man als Protest gegen die Obrigkeiten und den Beginn einer Nationalbewegung, im Sinne einer Befreiungsideologie, ansehen kann. Der Höhepunkt der Proteste war das Hambacher Fest vom 27.05.-01.06.1832, wo zum ersten Mal die schwarz-rot-goldene Fahne geschwungen wurde. Es ging ihnen um Freiheit und Mitbestimmung: „Wer bluten darf für das Vaterland, der darf auch davon reden, wie er ihm am Besten diene im Frieden.“

„Die alten Formen stürzen ein“ schrieb Schiller an Goethe.

Ich habe den Eindruck, dass man sich nicht der Bestroffenheit hingab, sondern rational und kreativ Neues schuf. Man studierte die Antike und übernahm „das Gute“, nicht nur in der Kunst, sondern auch für die Gesellschaft. Unsere Leben sind ohne die Weimarer Klassik kaum vorstellbar.

Meine Vorfahren waren Handwerker. Es gab etwa 1,2 Millionen von ihnen. Die jeweiligen Zünfte hatten großen Einfluss auf das gesamte Leben ihrer Mitglieder. Ein Ausbrechen aus der Tradition war praktisch unmöglich. Wer allerdings einem „unehrenhaften“ Handwerk ausübte, war quasi „rechtlos“, wie z. B. Müller, Leinweber oder Gerber. Sie durften sich nicht zu Zünften zusammenschließen und so ihre eigenen Angelegenheit selbst regeln.

Ohne die Einführung der allgemeinen Schulpflicht durch Friedrich II, dem Großen von Preußen zum Beispiel hätte ich mein Leben nicht so leben können, wie ich es gelebt habe. Ich bin nzwar „von“ meinen Eltern, aber nicht „von Adel“, dem früher eine umfassende Bildung vorbehalten war. Christoph Martin Wieland beschrieb in „Der Hofmeister“ das damalige Schulwesen. Diese „to go Version“ ist sehenswert und witzig gamcht.

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