06.09.2023 Granville – Le Mont Saint Michel – Saint Malo – Lamballe

Heute geht für mich ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Ich fahre zum Original Mont Saint Michel. Im Jahr 2012 war ich bei seinem kleinen Bruder St. Michael’s Mount in der Nähe von Marazion, im südwestlichsten Zipfel von Cornwall, UK. Wenn man in Cornwall ist, sollte man sich das nicht entgehen lassen.

Der große Bruder verlangt dem Besucher einiges ab. Vom Parkplatz bis zur Brücke läuft man 45 Minuten, um trockenen Fußes auf die Insel zu gelangen. Das ist auch bei Ebbe praktisch, denn das Watt besteht aus sehr klebrigem Schlick. Auf der Insel gibt es keine Möglichkeit, den Schlick abzuwaschen. Wer schon vor der Besichtigung müde ist, nimmt den E-Bus-Shuttle.

Bei 2,3 Millionen Besuchern pro Jahr gibt es Tage, die nichts für Menschen mit Klaustrophobie sind. Die Hauptferienzeit in Frankreich ist vorbei. Deshalb sind die engen Gassen noch begehbar. Es besteht nur die Gefahr, über eine der vielen Hundeleinen zu stolpern.

Trotz 28 Grad ist es ein Genuss, bei diesem Spaziergang den Berg mit seinen Gebäuden beim Näherkommen immer detaillierter betrachten zu können.

Insgesamt bin ich auf der Insel 15.000 Schritte und 44 Stockwerke hinauf und 44 Stockwerke hinunter gegangen. Dabei habe ich 1,5 Liter Wasser getrunken und wieder ausgeschwitzt.

Durch den früher vorhandenen Damm war die Bucht immer wieder verlandet. Die neue Brücke steht auf Stelzen, damit das Wasser während des Tidenhubs, der hier 14 m pro Tag beträgt (in Hamburg 2,5 m), besser zirkulieren kann. Bei Flut fließt das Meerwasser in den Fluss Couesnon. Ein Damm hält das Wasser bis zur Ebbe zurück. Dann erzeugt das aufgestaute Wasser in den Turbinen Strom. Toll, oder?

Hier in der Bretagne, die Normandie habe ich gestern verlassen, habe ich einige Windkrafträder gesehen.

Es war für die Baumeister vor 1000 Jahren nicht einfach, die Fundamente der Gebäude in den Granitfelsen zu verankern. Doch ihrem Geschick und ihrem Durchhaltewillen ist es zu verdanken, dass die im Laufe der Jahrhunderte hinzugekommenen Bauwerke dort stehen und beweisen, dass der Glaube Berge versetzen kann.

Beim Betrachten der wenigen Fotos, die gemacht habe, denke ich an die schönen Stunden, die ich mit Umberto Ecos „Im Namen der Rose“ verbracht habe. Beim Lesen habe ich mir immer ein Kloster wie dieses vorgestellt. Beim vielen Treppensteigen habe ich völlig das Gefühl dafür verloren, wie hoch oder tief ich im Berg bin, geschweige denn, in welche Richtung ich gehe.

Überrascht war ich allerdings, als ich hörte, dass alle Bücher, die hier früher handgeschrieben und koloriert wurden, nicht mehr hier, sondern in speziellen Museen aufbewahrt werden.

Erschrocken hat mich, dass hier im Laufe der Zeit 15.000 Menschen gefangen gehalten wurden. Die Zellen, die eher Käfige waren, konnte ich auch besichtigen. Im Wikipedia-Artikel kann man mehr darüber lesen.

Müde und erschöpft kehrte ich nach 5,5 Stunden zu meinem Auto zurück. Immer wieder musste ich mich umdrehen, um einen letzten, allerletzten Blick auf dieses Gesamtkunstwerk zu werfen.

Nach einer Stunde Autofahrt kam ich in St. Malo an. Vor dem Stadttor St. Vincent stellte ich den Wagen ab und spazierte über die alte Stadtmauer, wie auch schon Nicolaus Gottlieb Luetkens (1716-1788). Er hatte die Jahre 1743 bis 1745 als reisender Kaufmann in Frankreich verbracht, die mit dem französischen Atlantikhandel verbundenen Städte besucht und Geschäfte getätigt und sich einen Namen als Großhandelskaufmann gemacht. Ich habe gerade die Casestudy von Dr. Lucas Haasis gelesen, in der er über den Fund der Geschäftsbriefe und seine Forschungsergebnisse berichtet. Die Geschäftspost war im Tower gelandet, weil sie zu den Gerichtsakten gehörte, die die englische Krone als Beweismittel benötigte, um die von ihren Freibeutern gekaperte “ Hoffnung “ von Lütkens zum “ Prise „ machen zu können. Das Buch ist alles andere als eine trockene wissenschaftliche Dokumentation. Vielleicht liegt es daran, dass ich 26 Jahre lang in der Katharinenstraße 11 in Hamburg gearbeitet habe. Das Kaufmannshaus von Lütkens befand sich in der Katharinenstraße 17. Wir haben uns als Nachbarn um gut 250 Jahre verpasst. Aber viele hanseatische Usancen von damals galten auch noch 1982, als ich meine Zulassung an der Hamburger Versicherungsbörse erhielt.

Der Tidenhub vor St. Malo gilt als einer der größten Europas. Vor den Mauern der Altstadt bilden sich bei ablaufendem Wasser kleine Strände und Seen, die gerne zum Baden genutzt werden. Die Engländer und Amerikaner hatten 85% der historischen Altstadt zerstört. Die Altstadt wurde nach dem Krieg sehr schön wieder aufgebaut.

Heute herrschte reges Treiben in den Straßen und die vielen Restaurants waren am frühen Abend sehr gut besucht. Nach einem kleinen Imbiss fuhr ich nach Lamballe wo ich für 2 Nächte ein Zimmer auf einem Bauernhof bezog.

Dem großen Sohn der Stadt, Jacques Cartier, ist im Hafen ein Denkmal gewidmet, das vor allem von den Kanadiern sehr geschätzt wird. Denn dieser Cartier hat weder Uhren erfunden noch Schmuck entworfen, sondern Kanada entdeckt. 1534 war er von hier aus losgesegelt und hat den nördlichen Teil des noch ziemlich neuentdeckten Kontinent erkundet.

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