31.08.2023 Reims – Mons – Lille

Nach dem Frühstück ging ich in die Kathedrale von Reims, um sie mir noch einmal genauer anzusehen. Von 1027 bis 1825 wurden hier die französischen Könige gekrönt. Am 17.07.1429 führte Jeanne d’Arc Karl VII. zur Inthronisation. Wer mehr über das Schicksal von Jeanne d’Arc erfahren möchte, dem empfehle ich Schillers Version der Geschichte in Sommers Welttheater.

Ich liebe es, mit dem Fernglas auf Entdeckungsreise zu gehen. Es scheint, als hätten sich die Steinmetze einen Spaß daraus gemacht, Figuren in „besonderen“ Situationen darzustellen. Wer würde sich schon gern als Geizhals verewigt sehen?

Die große Fensterrose über dem Eingang hat einen Durchmesser von 12 m. Trotz ihrer Größe wirkt sie filigran.

Die drei Fenster von Marc Chagall gefallen mir auch sehr gut.

Auf meinem halbstündigen Spaziergang kam ich an der Universität von Reims vorbei. Mein Ziel war die Basilika Saint-Remi. Es handelt sich um eine Abteikirche, die 200 Jahre älter ist als die Kathedrale. Hier sieht man den Unterschied zwischen Romanik und Gotik. In der Romanik sieht die Kirche wie eine Festung aus und ich frage mich, ob man hier den Heiligen Geist gefangen halten oder vor der bösen Welt schützen wollte. Der gotische Baustil ist viel heller und erhabener, das Himmlische wird betont.

Wie eine Allee aus Bäumen wirken dagegen die Säulengänge von Antonio Gaudis Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona.

Für den Rückweg zum Hotel, wo mein Auto noch stand, nahm ich einen Linienbus. Der nächste Tagesordnungspunkt kommt einer Wallfahrt gleich. Um ins belgische Mons zu gelangen, nehme ich einen einstündigen Umweg von Lille in Kauf. Dort lebte van Gogh als junger Laienprediger, bevor er beschloss, Gottes Schöpfung nicht mit Worten, sondern mit Pinsel und Farbe zu preisen.

Während meiner intensiven Beschäftigung mit Vincent van Gogh habe ich seine Briefe an seinen Bruder gelesen. Sie sind ein beeindruckendes Zeugnis dafür, wie ein Mensch entdeckt, dass er ein Künstler ist (und kein DSDS-Star). Seine seelische Not und seine Liebe zu seinem Bruder Theodor, der ihn bedingungslos unterstützt, gingen mir unter die Haut. Irving Stone hat diese Selbstzeugnisse in seinem großartigen und lesenswerten Roman „Ein Leben voller Leidenschaft“ verarbeitet. Die Briefe können im Internet gratis im Gutenberg-Projekt gelesen werden. Interessant sind auch diese beiden Links zum Van-Gogh-Museum und VanGoghLetters (was es nicht alles im Internet gibt!).

In diesem kleinen Haus hatte Vincent ein winziges Zimmer. Hier begann er zu zeichnen. Das Haus stand nicht in einem gepflegten Garten, sondern halb verfallen am Rande der kleinen Gemeinde Cuesmes, die heute zu Mons gehört. Die Menschen lebten vom Bergbau, der ihnen nur das Nötigste zum Leben gab. Auch Frauen und Kinder mussten unter Tage arbeiten. Vincent verzweifelte, weil er mit seinen Worten das Elend nicht abwenden konnte.

Im Haus wurde ein informativer Film gezeigt. Die wenigen ausgestellten Einrichtungsgegenstände zeigten, wie ärmlich auch Vincent gelebt hatte. Originalbilder gab es natürlich nicht zu sehen. Die Sicherheitsvorkehrungen wären für eine kleine Gemeinde, der es auch heute nicht viel besser zu gehen scheint, nicht zu leisten.
Trotzdem hat mir der Besuch dort sehr viel Freude bereitet.

Was mir auf der Fahrt nach Westen auffiel, war, dass ich rund um Reims überhaupt keine Weinberge gesehen habe, die den Rohstoff für die vielen Champagnerfabriken liefern. ? . Dafür aber einige Windräder. Vielleicht ein kleines Zeichen dafür, dass sich die Franzosen irgendwann von der Atomkraft verabschieden?

Eine Stunde später gehe ich in ein Hotel am Stadtrand von Lille. Heute möchte ich einmal früh Feierabend machen 😉

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