21.09.2023 Versailles – Paris – Versailles

60% Regenwahrscheinlichkeit bedeutet 40% Regenunwahrscheinlichkeit! Aber heute hat die höhere Wahrscheinlichkeit die Oberhand gewonnen. Um 7:00 Uhr herbstete und regnete es in Strömen und ich überlegte kurz, ob ich nicht lieber in der schönen Unterkunft bleiben und es mir mit einem Buch auf dem Sofa gemütlich machen sollte. Aber ich bin ja nicht im Urlaub, sondern auf Reisen! Ich fuhr mit dem Bus zum Bahnhof Versailles und von dort mit dem Zug nach Champ de Mars Tour Eifel.

Der Eifelturm wird zum 20. Mal von oben bis unten neu gestrichen, und so früh am Morgen ist er noch nicht für Besichtigungen vorbereitet. Und so komme ich auch diesmal nicht dazu, mir Paris von oben anzuschauen. Vielleicht klappt es ja irgendwann.

Nun ist erst einmal Zeit für ein kleines Frühstück. Eine kleine Tasse Kaffee und ein einfaches Croissant EUR 10,-. Das ist Paris!

Natürlich führte mich mein Weg ins Musée d’Orsay, wo die Impressionisten versammelt sind. Bei früheren Parisbesuchen habe ich wohl insgesamt 8 ganze Tage in diesem Museum verbracht. Heute muss ein Schnelldurchlauf genügen! Vor dem einen oder anderen Gemälde stoppt der Lauf automatisch und das ist auch gut so!

Am Invalidendom vorbei ging es zur Pyramide im Hof des Louvre. Ich erinnere mich noch an den Baubeginn 1985. 1989 habe ich sie zum ersten Mal gesehen und war total begeistert. Natürlich war die Idee des Architekten Ieoh Ming Pei damals nicht unumstritten, die klassische Fassade und den Palast mit einer gläsernen Pyramide zu verfremden (?). Da die Pyramide eine geometrische Figur ist und klassischer nicht sein könnte, war ich von Anfang an von der Idee begeistert. Bis heute gefällt mir der Gesamteindruck des Louvre.

Mir gefällt auch das Treppenhaus bei dem Ausstellungsbau des Deutschen Historischen Museums(DHM) in Berlin. Hier bestand die Aufgabe darin, ein prächtiges, altes Gebäude – das barocke Zeughaus, im historischen Stadtzentrum gelegen – unaufdringlich durch zeitgemäße Architektur zu ergänzen. ich denke, dass ihm das hervorragend gelungen ist.

Ich spazierte mit aufgespanntem Regenschirm an der Seine entlang, während zahlreiche lange Autokolonnen mit Polizeieskorten durch die zeitweise abgesperrten Straßen fuhren. Ich hatte den Eindruck, König Charles III. und Camilla würden kreuz und quer durch die Innenstadt chauffiert. Nur die Fassade von Notre Dame ist nicht eingerüstet, um die Schäden des Großbrandes von 15.04.2019 zu beseitigen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich es noch erleben und die vollständig reparierte Kirche wiederzusehen.

Durch Zufall habe ich das Mémorial des Martyrs de la Déportation entdeckt. Es befindet sich an der östlichen Spitze der Seine-Insel Île de la Cité, hinter den Gärten an der Rückseite von Notre Dame. Ein stiller Ort des Gedenkens in einer ansonsten sehr lebendigen Stadt.

Die Jugendlichen, die diese Gedenkstätte betreuten, wiesen mich auf das Mémorial de la Shoah hin, das auf meinem Weg lag. Auch dieses habe ich mir kurz von innen angesehen. Dort kam ich zufällig mit dem Direktor des Museums ins Gespräch. Es ist der einzige Ort, den ich in Frankreich gefunden habe, an dem explizit auf die unrühmliche Kollaboration des Vichy-Regimes mit den Nazis hingewiesen wird.

Von dort aus ging ich zum Picasso-Museum. Meine Enttäuschung über das „neue“ Museum könnte nicht größer sein!!! In einer alten Villa im Marais gab es ein tolles Picasso-Museum. In den Türrahmen waren die einzelnen ausgestellten Epochen vorgestellt worden. Da Picassos Entwicklung aber nicht streng linear verlief, sondern sich manches schon früh ankündigte wie eine Sommergrippe, gab es in den einzelnen Räumen Durchbrüche in den Wänden oder Zimmerecken, so dass man schon in die nächste Epoche blinzeln konnte. Das fand ich damals unglaublich spannend. Umso enttäuschter bin ich heute, dass durch den Umbau zwar die Ausstellungsfläche verdoppelt wurde, diese Raffinessen aber völlig fehlen, selbst einfache Erklärungen. Die Präsentation ist eine glatte 5 minus! Das gilt natürlich nicht für die ausgestellten Werke.

Hinzu kommt, dass das Haus gerade eine neue Ausstellung vorbereitet und nur wenige Gemälde der Dauerausstellung überhaupt zu sehen sind.

Aus dieser Serie habe ich mich einmal bedient und selbst gemalt 😉

Von dort ist es nicht weit bis zum Place des Vosges. Mit feucht werdenden Augen betrat ich das kleine Hôtel des Vosges, in dem ich einige Male mit Inge übernachtet hatte. Wunderschöne Erinnerungen an viele gemeinsame Reisen nach Paris kamen in mir hoch, als ich den alten Frühstücksraum wiedersah. Er war unverändert.

Um die Wohnung von Victor Hugo zu sehen, musste ich nur um die Ecke gehen. Er wohnte sozusagen gleich nebenan. Victor Hugos 1831 erschienener historischer Roman Der Glöckner von Notre-Dame, dessen Handlung zum Großteil in Notre Dame spielt, fand Eingang in die Weltliteratur, wie auch Les Miserables von 1862. Beides sind großartige und sehr lesenswerte Bücher, aber Musicals!

Bei Wikipedia lese ich, dass Victor Hugo und Heinrich Heine in der Kirche Saint Sulpice geheiratet haben, natürlich nicht sie selbst, sondern ihre Frauen.

Nun schon etwas müde, ging ich zum „Rive Gauche“, um die Kirche Saint Sulpice wiederzusehen. Im Schatten ihrer Türme habe ich oft bei Ricardo übernachtet. Anfang der 80er Jahre fuhren wir oft mit dem Nachtzug nach Paris, um in den angesagten Discos (Clubs sagte man damals noch nicht) nonstop zu tanzen. Sonntags fand um 15 Uhr in einem stillgelegten Theater ein Tea-Dance statt. Es wurde in den Logen, im Parkett und auf der Bühne getanzt. Gegen 20 Uhr mussten wir leider in den Nachtzug nach Hamburg einsteigen. Direkt vom Bahnhof ging es dann pünktlich zur Arbeit ins Büro. Die Pflege und Betreuung unserer HIV-positiven Freunde begann dann wieder am Montagabend.

Den ganzen Tag schon habe ich das Album „Paris“ von dem großartigen Künstler und Musiker Malcolm McLaren von 1994 im Ohr. Unbedingt mal auf YouTube einmal anhören, Catherine Deneuve singt auf dieser Platte!

In dem Café de la Mairie gegenüber von der Yves Saint Laurent Boutique habe ich meinen 25. Geburtstag gefeiert.

Von der nächstgelegenen Metrostation bin ich dann ganz bequem in einer Dreiviertelstunde zurück nach Versailles gefahren. Während der Rückfahrt zeigte sich der Himmel in einem frechen, unschuldigen Babyhimmelblau!

Meine Sneakers sind bis auf die Haut durchnässt und werden auch bis morgen noch nicht wieder einsatzbereit sein.

24.844 Schritte habe ich für die 12 km durch Paris gebraucht. Insgesamt bin 25 Etagen hochgestiegen. Ich ziemlich auf die Minute genau 12 Stunden unterwegs. Das war mein Tag in Paris!

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