17.03.2023 Taormina – Aci Trezza – Taormina

Heute fahre ich noch einmal zurück nach Aci Trezza, wo 1948 unter der Regie von Luchino Visconti mit einheimischen Darstellern der Film „La terra trema“ gedreht wurde. Der Film basiert auf dem Roman Malavoglia von Giovanni Verga, der das harte Leben der Fischer beschreibt.

Dort wo im Film nur Strand und die Felsen im Meer zu sehen ist, steht jetzt ein 5-Sterne-Hotel.

Die Schwarzweißaufnahmen sind sehr stimmungsvoll. Das Licht scheint in einigen Szenen von Carravaggio inspiriert. Die Länge des Films von 2,5 Stunden ergibt sich aus dem langsamen Erzähltempo und der genauen Beobachtung der sozialen Umstände der Protagonisten. Wer sich darauf einlässt, wird mit einem tief beeindruckenden Filmerlebnis belohnt.

Im Hafen von Aci Trezza parkte ich kurz nach 9 Uhr neben einem deutschen Wohnmobil. Ich hatte den Plan mir ein Wohnmobil zu kaufen oder zu mieten für diese Reise früh aufgegeben. Die Gassen in den kleineren italienischen Orten sind oft so eng, dass ich selbst bei meinen Kleinwagen die Seitenspiegel einklappen muss. Interessiert ging ich auf die beiden Deutsch sprechenden Menschen zu, um ihnen zu erzählen, an was für einen speziellem Ort wir geparkt haben.

Die Dame, Jahrgang 1936, antwortete mir, dass sie seit 60 Jahren hier wohne und alle Schauspieler des Films persönlich kenne. Sie wollte mir die Fotos der Szenen zeigen, die in der Villa Fortuna hängen. Ich lud sie zum Frühstück in ein Café ein, wo sie mir erzählte, wie sie vor 60 Jahren aus Weimar in der DDR geflohen war, um hier mit ihrem sizilianischen Mann zu leben und eine Familie zu gründen.

Die Armut hier habe sie sehr erschreckt, aber es gab für sie keinen Weg zurück. Es war auch nicht so, dass die Fischerfamilien die Tedesca rossa mit offenen Armen aufgenommen hätten. Anfang der 70er Jahre starb ihr Mann plötzlich und sie blieb mit zwei Kindern allein zurück. Sie arbeitete als Lektorin für Deutsch an der Universität von Catania.

Wenn sie von ihrer Arbeit erzählt und ich ihre leuchtenden Augen sehe, spüre ich, dass sie eine großartige Lehrerin gewesen sein muss.

Während des Frühstücks lud sie mich zum Mittagessen nach Hause ein, ich bezahlte das Frühstück und gab ein Trinkgeld. Das scheint selten geworden zu sein. Jeder bezahlt die Rechnung mit der Visakarte. So bekommen die Kellner kein Trinkgeld mehr. Ich vermute, dass ein pauschales Trinkgeld in die Preiskalkulation eingeflossen ist. Das würde erklären, warum die Restaurantpreise höher sind als in Deutschland. Da ich das aber nur vermute, gebe ich lieber ein kleines Trinkgeld.

Wir gehen auf den nahe gelegenen Markt und Erika kauft Gemüse ein, um für mich zu kochen. Als ich bezahlen will, stelle ich fest, dass mein Portemonnaie mit den Scheckkarten nicht in meiner Hosentasche ist. Nach dem ersten Schreck eile ich zum Café zurück.

Auf halbem Weg kommen mir zwei Polizisten entgegen. Sie hielten mich an, um mir die Brieftasche auszuhändigen, die ihnen die Angestellten des Cafés gegeben hatten. Nach ein paar Millegrazie bei den Polizisten gehe ich ins Café und bedanke mich mit 50 Euro. Erika war sehr erleichtert, dass ich nicht bestohlen worden war.

Mit ihrem Auto fuhren zu ihr nach Hause. Während sie das leckere Essen zubereitete, unterhalten wir uns angeregt über die verschiedensten Themen.

Bis das Essen fertig ist, durfte ich in ihrem Garten Zitronen pflücken. Denn bisher hatte ich der Versuchung widerstanden, mir woanders welche über den Zaun zu ziehen. 😉

Es gab catanischen marinierten Blumenkohl, der aufgrund des hohen Eisengehaltes lilafarben ist, Pasta mit wildem Brokkoli und Fenchel mit Orangen. Super lecker!!!!

Um halb fünf bracht sie mich zu meinem Auto und wir verabschiedeten uns herzlich als Freunde. Ein schöner Tag geht zu Ende und ich bin froh, dass ich nicht berichten muss, bestohlen worden zu sein.

Aber noch mehr freue ich mich über diese erinnerungswürdige Begegnung mit Erika.

Und wieder einmal hat sich eine Lebensweisheit bewahrheitet und meine Lebenserfahrung bestätigt:

Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt.

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