6. Woche 16.03. – 23.03.2024

16.03.2024 Samstag

In der morgendlichen Kühle ist die Sicht besonders klar. Links vom Eukalyptusbaum ist die bergige Küste Kalabriens zu sehen. Im Laufe des Tages, wenn die Sonne schon recht heiß ist, schwitzt das Meer und die gute Fernsicht ist dahin.

Erika liebt Bücher und die Malerei. Besonders Picasso hat es ihr angetan, genau wie mir.

Erika hat mir die Artischocken, die wir in Syrakus gekauft haben, auf drei verschiedene Arten zubereitet. Ich kann gar nicht beschreiben, wie lecker das Essen war. Vielleicht doch: mega!

Den Nachtisch habe ich spendiert. Wir sind zum Hafen von Aci Trezza gefahren und haben dort Gelati gegessen.

Als die Sonne unterging, so gegen 18 Uhr, fuhr ich nach Hause, um noch ein bisschen weiter zu arbeiten. Die Idee für das Kapitel über die vergessenen NS-Verfolgten funktioniert. Aber es ist emotional sehr belastend, über das Schicksal dieser Menschen und das Verhalten der deutschen Gesellschaft und Politik zu schreiben. Einerseits möchte ich der Gerechtigkeit halber alles im Detail erzählen, andererseits sprengt das den Rahmen dieser Biografie.

Was also weglassen, ohne es zu verschweigen?

17.03.2024 Samstag

Manchmal dauert es etwas, aber die Sonne ist unterwegs zu dir!

18.03.2024 Montag

Morgendliche Meditationen mit solch einer Aussicht! Ach, ach und ach, wie werde Ich das vermissen!

19.03.2024 Dienstag

Am Morgen habe ich eine Druckerei beauftragt, das Manuskript zu drucken und zu binden. Danach fuhr ich bei herrlichem Wetter in den Parco dell’Etna. Es war ein großes Vergnügen, zu den Klängen von Funkmusik aus den 70er Jahren schwungvoll über die Serpentinen in das Wandergebiet auf halber Höhe des Vulkans zu fahren.

Die Fahrt führt durch Lavafelder unterschiedlichen Alters, die älteren sind schon mehr oder weniger begrünt. Die neuen sind noch pechschwarz. Am Meer waren es bei der Abfahrt 21 Grad, hier oben nur noch 15 Grad. Am Ende der Straße führt ein Skilift zu den ganzjährig schneebedeckten Hängen des 3.375 m hohen Vulkans.

Von der Idee bis zur Fertigstellung des Manuskripts sind sechs Monate vergangen! Wie geplant, habe ich es in sechs Wochen in Acireale auf Sizilien fertiggestellt! Jeden Tag habe ich 8-10 Stunden gelesen und geschrieben! Und um ehrlich zu sein: an vier Tagen habe ich Ausflüge gemacht!

Zu Beginn des Projekts Anfang Oktober 2023 hätte ich nicht erwartet, dass die Recherchen so ergiebig sein würden!

Die Ergebnisse der Recherchen sind nun in einem 400-seitigen Manuskript dokumentiert! Es handelt sich um die Biographie eines jüdischen Anwalts, der sich für die Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus eingesetzt hat. Er wurde 1895 geboren und lebte bis 1986. Er war leider Zeitzeuge von viel unrühmlicher Geschichten der deutschen Vergangenheit.

Es war schon ein tolles Gefühl, als mir der Drucker das Buch überreichte. Bis zu diesem Zeitpunkt war es ja nur eine Idee, die nur virtuell in meinem Kopf und auf meinem Computer existierte. Aber jetzt ist die Idee in der analogen Welt angekommen.

Am Abend feierten Erika und ich diesen Etappenabschnitt mit einem großen Essen vom Hafen von Aci Trezza.

Die nächsten zwei Tage habe ich Urlaub. Ich mache es mir im Garten gemütlich und lese das Buch von Ludwig Marcuse: Philosophie des Glücks – von Hiob bis Freud.

Wenn alles gut geht und niemand streikt, fliege ich am Freitagabend nach Hamburg. Am Montag fange ich an, das Manuskript zu überarbeiten. Mit etwas Abstand zur eigenen Arbeit werde ich den Text redigieren, also ergänzen, verändern und überarbeiten.

Da die Vorlesungen an der Uni bald wieder beginnen, kann ich noch nicht sagen, wann ich mit der Überarbeitung fertig sein werde, da ich mich noch darauf vorbereiten muss.

20.03.2024 Mittwoch

Ein starker Lavastrom hat einst den ca. 100 m hohen Steilhang gebildet. Die Stadt Acireale liegt auf dem Plateau. Meine Wohnung befand sich am Fuße des Hanges, der als Naturschutzgebiet „La Timpa“ bekannt ist. Es gibt verschiedene kurze, aber sehr steil ansteigende Wanderwege, die den Hang hinauf führen. Ich bin zwei dieser Wege gegangen. Das reichte mir, denn ich bemerkte beim Abstieg, dass es meinen Knien zu viel wurde.

Diese Fotos sind etwa 40 Jahre alt. Erika kam früher oft mit ihrem Mann hierher, um zu baden. In der kleinen Mühle kaufte sie Kleie und andere Dinge, die sie zum Backen brauchte.

Heute gibt es eine Uferpromenade und die meisten Häuser sind renoviert und dem heutigen Wohnstandard angepasst. Elektrisches Licht und fließendes Wasser waren hier vor 40 Jahren noch eine Seltenheit.

Um in den Nachbarort zu gelangen, wo es leckeren Kuchen gibt, fahre ich etwa 5 km mit dem Auto. Die Fahrt führt durch prächtige Zitronenplantagen auf einer sehr schmalen zweispurigen Straße. Zwei italienische Kleinwagen passen gut aneinander vorbei. Wenn einer der sehr wenigen SUV entgegenkommt, wird es eng. In diesem Fall halte ich einfach an, klappe den Seitenspiegel ein und beobachte, wie der andere millimeterweise an meinem kleinen Fiat 500 vorbeidrängt. Schrammen gehen dann auf seine Rechnung. Italienische Städte sind oft Jahrhunderte alt und wurden vor dem Autoverkehr gebaut. Vielleicht war es die Evolution selbst, die den italienischen Autodesignern die brillante Idee von schnittigen, eleganten und sehr schicken Kleinwagen eingab, die auf italienische Straßen passen.

„Survival of the fittest“ bedeutet nicht „Überleben des Stärksten“, sondern „Überleben des am besten Angepaßten“.

21.03.2024 Donnerstag

Der Ätna raucht leicht. Erika versichert, dass dies normal ist. Jedoch bereiten die Aktivitäten des Vesuvs und der Phlegräischen Felder in der Bucht von Neapel den Forschern Sorgen. Angeblich sind beide vulkanischen Systeme reif für eine große Eruption. Es ist erstaunlich, dass die Forschung immer noch keine langfristigen Voraussagen über das Wann und Wie treffen kann. Die Vorwarnzeiten sind für die Metropolregion Neapel so kurz, dass sie keinesfalls für eine Evakuierung ausreichen. Es ist zu hoffen, dass die Forschung bald präzisere Vorhersagen treffen kann.

Und falls die Welt morgen untergeht, würde ich mir wünschen, zwei Cannoli mit auf den Weg zu nehmen!

Dieser Satz könnte der Anfang eines sizilianischen Gedichts sein. Cannoli sind sehr wohlschmeckende Kalorienbomben, die ich nur in Begleitung von Erika esse. Das hatte ich mir zu Beginn des Urlaubs vorgenommen, weil ich sie anderenfalls mehrmals essen 😉 und sehr aus dem Leim gehen würde.

Es ist schön, erwachsen zu sein. Da darf man den Nachtisch vor dem Mittag essen, wenn es sich anbietet und das kann bei einem längeren Bummel durch die sehr quirlige Innenstadt von Catania leicht passieren. Den Sun Downer nehmen wir dann in einem Cafe in Aci Trezza.

Auch der schönste Tag geht irgendwann zu Ende! Ich packte abends meinen Koffer und änderte das Hintergrundbild auf meinem MacBook, um mich zu Hause an diesen herrlichen Arbeitsplatz zu erinnern! Die Arbeit an dem Buch geht zu Hause in die zweite Runde! Ich bin unglaublich gespannt auf die Fortsetzung des Abenteuers! Ich freue mich darauf, demnächst noch einige Archive persönlich zu besuchen und mit einigen Fachleuten zu sprechen!

Trotzdem verlasse ich diesen Ort mit etwas Wehmut! Ich habe hier ein paar interessante Erfahrungen gemacht, die ich mitnehmen kann.

Wenn ich möchte, kann ich jederzeit wieder in diesen alternativen Alltag zurückkehren.

22.03.2024 Freitag

Bilde ich es mir ein oder sieht die Sonne heute morgen traurig aus?

Auch dem Weg zum Flughafen bringe ich Erika meine unverbrauchten Lebensmittel vorbei. Wir trinken für dieses Mal einen letzten Kaffee zusammen, bevor ich nach Catania fahre. Die Autorückgabe war unkompliziert. Die Flüge von Catania nach Frankfurt und von da nach Hamburg waren angenehm, weil ich nette Unterhaltung während der Flüge hatte. Am Flughafen inspirierte mich ein Werbeslogan zu einer Collage.

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