02.09.2023 Calais – Cap Griz Nez – Boulogne-sur-Mer – Abbeville – Amiens – Rouen

Das Warmwasser war im Hotel ausgefallen. Deshalb wurde schnell kalt geduscht und langsam mit heißem Kaffe gefrühstückt. Bevor ich zum Cap Gris Nez fuhr musste ich mir die Skulptur „Die Bürger von Calais“ von Auguste Rodin ansehen. Ich habe bisher sieben der insgesamt 12 Ausfertigungen dieser Arbeit gesehen, aber noch nie am Ort ihrer eigentlichen Bestimmung. Vor dem Rathaus von Calais stehen „Die Bürger“, zur Erinnerung daran, dass sie sich als Geiseln dem englischen König im 100 jährigen Krieg übergeben haben.

Die rosa Ballen lassen vermuten, dass dies Barbies Bauernhof ist!

Mir ist in den letzten Tagen aufgefallen, dass die schönen Bauernhöfe sehr oft einsam in der Landschaft stehen. Sie sehen sauber aus wie aus dem Bilderbuch. Der viele Mais, der angebaut wird, wird offensichtlich nicht für die Biogasproduktion verwendet. Silos sehe ich keine. Ich bin heute an Feldern entlang gefahren, die tatsächlich 2 km lang sind. Das haben wir in Schleswig-Holstein nicht.

Gegen 10 Uhr ist Ebbe. Im Watt sehe ich viele Menschen, die Muscheln für das Mittagessen sammeln. Trotz des reichhaltigen Angebots ist es harte Arbeit. Für die Spaziergänger nicht erreichbar sind die Austern-Zuchtfelder.

Vom Cap Gris Nez aus sieht man nicht nur weit über das Watt hinaus, sondern auch die weiße Küste von Dover in England. Zu anderen Zeiten kommen viele Zugvögel vorbei. Unter www.trekellen.org kann man sich darüber informieren. Heute habe ich gelernt, dass der Puffin Fuligineux bis nach Chile fliegt!

Das erinnert mich an eine besonders schöne Geschichte aus meinem Berufsleben. Dr. Christoph Kaatz hatte der Weißstörchin „Prinzesschen“ mit einem Satellitensender ausgestattet – wie viele andere Störche nach ihr – um ihren Flug nach Südafrika dokumentieren zu können. Bei einer Dokumentar-Filmproduktion, die ich versichert hatte, flog Dr. Kaatz in einem Ultraleichtflieger mit seiner Störchin in den Süden. Über GPS konnten wir die Fortschritte am Computer verfolgen. Im darauffolgenden Jahr besuchte ich den Storchenhof Loburg und „Prinzesschen“. Das war ein schönes Erlebnis. Aktuell kann man den Zug der Salzwedeler Störche verfolgen.

In der hübschen Altstadt von Boulogne-sur-Mer nahm ich mein zweites kleines Frühstück ein und beobachtete, wie sich die Gastwirte auf das Mittagsgeschäft vorbereiteten. Auch unter der Woche gehen die Franzosen gerne in großen Gruppen essen, was ich sehr sympathisch finde.

Meine nächste Station ist Abbeville. Hier hielt es der Schriftsteller Jean Genet 1926 auf der Flucht nur einen Monat aus.

Hier ist es so langweilig, dass die ganze Familie und die Nachbarn am Samstagnachmittag gemeinsam zum Kinderfriseur gehen.

Auf der anderen Straßenseite steht eine Kathedrale, die mit den bisher gesehenen nicht mithalten kann. Ich esse eine Galette und fahre auch lieber schnell weiter nach Amiens.

Amiens ist die alte, aber sehr lebendige Hauptstadt der Picardie. Amiens Kathedrale Notre-Dame gilt als der grandiose Inbegriff der nordfranzösischen Gotik. Sie ist UNESCO-Welterbe!

Abgesehen davon, dass ich diese Bauten großartig und schön finde, fasziniert mich immer wieder die Tatsache, dass die Menschen, die den Entschluss fassten, eine Kathedrale zu bauen und die den ersten Spatenstich machten, wussten, dass sie den fertigen Bau wegen der langen Bauzeit nie sehen würden. Und trotzdem haben sie angefangen!

Ken Follet beschreibt den Bau einer Kathedrale in seinem spannenden Roman „Die Säulen der Erde“. Während ich den Roman las, saß ich einmal in der Krypta der Kathedrale von Canterbury, als der Organist für ein Orgelkonzert probte, und meditierte darüber, dass man heute einen Apfelbaum pflanzen muss, auch wenn man weiß, dass die (meine) Welt morgen untergeht.

In diesem prächtigen Haus lebte und schrieb Jules Verne (1828 – 1905) auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er schrieb schon von einer Ballonfahrt um die Welt oder sogar zum Mond, als das Flugzeug noch nicht erfunden war. Gestern war ich dort, wo Hubert Latham 1909 versuchte, den Ärmelkanal zu überfliegen.

Viele seiner (damals) fantastischen Geschichten haben wir als Jungen gelesen und nachgespielt. Es ist schon erstaunlich, wie diese Geschichten von der Realität eingeholt worden sind. Ich würde gern wissen, was sich dieser kreative Geist heute wohl ausdenken würde.

Ich werde als nächstes den Reisebericht nach England und Schottland lesen. Vielleicht ergibt sich daraus eine Reiseidee. Mit Fontanes „Jenseit des Tweed“ bin ich 2004 gut durch Schottland gefahren.

In der Villa kann man die Einrichtung und viele Buchillustrationen bewundern.

Am späten Nachmittag fahre ich weiter nach Rouen.

Choucroute de la mer et crème au raifort (cabillaud, saumon, haddock) und dazu einen Cidre Doux gab es nach einem kurzen Spaziergang durch die Altstadt von Rouen. 2.000 Fachwerkhäuser stehen hier um die Kathedrale herum. Morgen werde ich mir alles in Ruhe ansehen.

Choucroute ist ein Vokabel, die ich mir merken muss = Sauerkraut!

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