Prometheus – und noch ein Gedicht

Noch ein Gedicht (weil es noch immer regnet) Goethe hat einem meiner Lieblingsgötter dieses Gedicht gewidmet.

Diese herrliche Statue steht auf der Plaza des Rockefeller Center und erstrahlt jedes Jahr in einem besonderen Glanz, wenn dort ein riesiger Weihnachtsbaum aufgestellt wird.

Am 27.12.1990 lief ich auf der kleinen Eisbahn zu seinen Füßen Schlittschuh.

 

„Prometheus“ 

Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst!
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn!
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte,
Die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.


Ich kenne nichts Ärmeres
Unter der Sonn als euch Götter.
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.


Da ich ein Kind war,
Nicht wußte, wo aus, wo ein,
Kehrte mein verirrtes Aug
Zur Sonne, als wenn drüber wär
Ein Ohr zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.


Wer half mir wider
Der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du’s nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden dadroben?


Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?


Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herren und deine?
Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehn,
Weil nicht alle Knabenmorgen-
Blütenträume reiften?


Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, weinen,
Genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich.

  1. Strophe: Prometheus wendet sich als lyrisches Ich an den Göttervater Zeus. Er bittet Zeus, in seinem Himmelreich zu bleiben und die Erde meiden. Die Erde ist das Werk von Prometheus selbst, und er ist der Meinung, dass Zeus ihn um die Erde beneidet.
  1. Strophe: Prometheus wendet sich an alle Götter. Er nennt sie erbärmlich. Denn die Götter sind ganz darauf angewiesen, dass die Schwächsten, die Kinder und die Armen, opfern und beten.
  1. Strophe: Prometheus erzählt, wie er als Kind die Götter um Hilfe in einer schwierigen Situation anrief.
  1. Strophe: Dass es sein eigener Mut und seine eigene Leistung waren, die ihn gerettet haben, begriff Prometheus später. Aber damals dankte er zu Unrecht den „schlafenden“ Göttern.
  1. Strophe: Prometheus wirft Zeus vor, nie Schmerzen gelindert und nie Trauernde getröstet zu haben. Das lyrische Ich sieht daher keinen Grund, Zeus zu verehren. Prometheus erinnert ihn auch daran, dass nicht nur er, sondern auch Zeus der Zeit und dem Schicksal unterworfen sei. Zeit und Schicksal haben auch Prometheus zu dem gemacht, der er ist.
  1. Strophe: Prometheus fragt Zeus, ob er der Meinung sei, dass Prometheus an seinen unerfüllten Jugendträumen verzweifelt sei und deshalb aufgegeben habe.
  1. Strophe: Das lyrische Ich erzählt, dass er die Menschen nach seinem Bilde erschafft: Sie freuen sich, trauern und genießen – und verehren Zeus nicht.

Prometheus stammt aus dem Geschlecht der Titanen. Sein Name bedeutet übersetzt: der Vorausdenkende. Er ist der Bringer des Feuers zu den Menschen, die er – und nicht etwa Zeus – erschaffen hat. Er wird an einen Berg gekettet, als Strafe für den Diebstahl. Jeden Tag kommt ein Adler und reißt ihm ein Stück aus der Leber, das immer wieder nachwächst. Nach einiger Zeit kommt Herakles zu Hilfe und befreit Prometheus. Noch viel später begnadigt Zeus seinen Sohn.

Prometheus traut den Menschen etwas zu und gibt ihnen die Mittel, mit denen sie ihr Schicksal selbst in die Hände nehmen können, ohne auf die Gnade der Götter warten zu müssen, die im Zweifelsfall nicht einmal ausreichend Trost spenden. Der Mensch beherrscht nun das Feuer, eine Technik, sich die Natur untertan zu machen. Die Probleme der Klimaerwärmung hat der Vorausdenkende leider nicht vorausgesehen und uns eine verbindliche Bedienungsanleitung mitgegeben

Der Mythos von Prometheus, dem Feuerbringer, existiert in vielen Kulturen. Der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell   erklärt in dem hier verlinkten YouTube Video seine Theorie zur Helden-Reise. Er stellt fest, dass Prometheus keine typische Heldenreise unternahm. Prometheus wollte sich von Zeus emanzipieren und sich von ihm und den alten Zwängen befreien. Damit war er das perfekte Ideal des Sturm und Drangs.

Mit dem „gestohlenen Licht der Vernunft“ kann der Mensch die Dinge seiner Umwelt genauer untersuchen und so zur Erkenntnis gelangen. So wurde Prometheus auch zum Schutzpatron der Wissenschaft.

Zahlreiche Künstler haben zu Ehren von Prometheus Skulpturen geschaffen, gemalt, komponiert oder gedichtet.

Sein Freiheitsdrang und sein unendliches Leiden am Felsen wird oft als Motiv verwendet. In der Darstellung „Erschaffung des Menschen durch Prometheus“ habe ich ihn bisher immer für Zeus gehalten, dem ich diese Tat fälschlicherweise zugeschrieben habe.

 


Es ist an der Zeit, weise mit dem Feuer umzugehen
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