Goethe und die Sklaverei

Goethe segelte von Neapel nach Palermo und zurück von Messina nach Palermo. Seine Angst von Piraten und Sklaverei war nicht unbegründet.

 

Nach dem Dreißigjährigen Krieg war Brandenburg-Preußen kein einheitliches Territorium mehr, sondern ein zersplittertes Staatsgebilde, dessen Ländereien weit auseinander lagen. Um sie wieder zu vereinen, plante man einen Krieg. Dazu stellte Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620 – 1688) 20.000 Mann unter Waffen. Unterhalt und Krieg mussten finanziert werden. So kam man auf die Idee, es den anderen europäischen Ländern gleichzutun und Kolonien zu gründen. An der Sklavenküste, dem heutigen Ghana, wurde 1683 Groß Friedrichsburg gegründet, um Gold, Elfenbein, Pfeffer und Sklaven zu beschaffen.

 

Viele afrikanische Stammesfürsten im Inneren Afrikas sahen im Raub von Menschen eine günstige Gelegenheit, Rivalen zu schwächen. Deshalb wurden bei Überfällen auf benachbarte Stämme Gefangene gemacht, um sie an Sklavenhändler an der Küste zu verkaufen. Im Jahre 1693 segelte die brandenburgische Fregatte „Wilhelm zu Pferde“ 400 km entlang der Küste von Ghana nach Benin und nahm dort 738 Sklaven an Bord, die aus dem benachbarten Benin entführt worden waren. (Die Bronzestatuen aus Benin wurden erst später von den Engländern mitgenommen. Einige davon wurden dann nach Deutschland verkauft.).

 

Die Überfahrt nach St. Thomas überlebten 659 Gefangene. Insgesamt wurden 24.000 Sklaven von den Brandenburgern in die Karibik verschleppt. 1724 wurde die Festung an die Holländer verkauft. Damit endete auch die Karriere des holländischen Freibeuters, Reeders und kurbrandenburgischen General-Marinedirektors Benjamin Raule, der in Hamburg starb.

 

Später verdiente u.a. auch der in Hamburg lebende Kaufmann Heinrich Carl Schimmelmann (1724 – 1782) am Sklavenhandel. In dem atlantischen Dreiecks-Handel wurden die Sklaven in die von Dänemark gepachtete kurbrandenburgische Kolonie St. Thomas gebracht, die auch als Piraten-Versteck bekannt war. Mit seinen enormen Gewinnen konnte Schimmelmann die Porzellanmanufaktur Meissen und das Ahrensburger Schloss kaufen. Das koloniale Erbe der Stadt Hamburg wurde in der Vergangenheit oft schamhaft verschwiegen. Das scheint sich zu ändern, wie der Streit um die Schimmelmann Büste in Wandsbek zeigt.

 

Goethes Angst vor Sklaverei war zu seiner Zeit durchaus begründet und eine reale Gefahr. Piraten aus dem Maghreb überfielen Schiffe im Mittelmeer, z. B. auf dem Weg von Neapel nach Sizilien, um reiche christliche Reisende zu kidnappen und auf Sklavenmärkten zu verkaufen oder gegen hohe Lösegelder freizulassen. Der spanische National-Dichter Miguel de Cervantes war knapp 100 Jahre zuvor als Gefangener in Algier auf dem Sklavenmarkt gelandet.

 

Auf beiden Seereisen fiel Goethe der Seekrankheit zum Opfer. Am 14.05.1787 schwebte er in Lebensgefahr. Der Kapitän des Segelschiffes hatte eine Flaute falsch eingeschätzt und das Schiff war durch die Strömung gefährlich nahe an Capri herangetrieben worden. Am 17.05.1787 teilte er mit, dass er die Einzelheiten dieses Vorfalls erst erzählen wolle, wenn er wieder zu Hause sei. Das werde ich auch tun. Wer nicht bis dahin warten will, kann hier klicken.

 

PS: „Niemand ist mehr Sklave als der sich für frei hält, ohne es zu sein.“

Dieses bekannte Zitat schrieb 1809 Johann Wolfgang von Goethe in seinem Buch Die Wahlverwandtschaften. Es bezieht sich nicht auf den Sklavenhandel, sondern auf eine ungesunde Beziehung.

 

1989 hatte ich das Glück, mit meinen Freund Gunnar, der als Concierge auf der MS Norway arbeitete, eine Kreuzfahrt durch die Karibik zu machen. Wir besuchten u. a. auch die wunderschöne Insel St. Thomas. Die Sklavengeschichte der Virgin Island wurde von der Reiseleitung mit keinem Wort erwähnt!

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