
Nach einem Frühstück an einer sonnigen Straßenecke mache ich mich auf den Weg ins H’Art Museum, um die Sonderausstellung von Wassily Kandinsky zu besuchen. In der zweiten Wochenhälfte erwarten mich meine Freunde aus den USA und Hamburg. Mit ihnen werde ich das Rijksmuseum und das Van Gogh Museum besuchen. Vorher möchte ich aber noch moderne Kunst erleben und besuche deshalb das Stedelijk Museum, das sogar montags geöffnet hat.
Bei einem netten Gespräch mit Hans von der Baressti Bar in der Nachbarschaft hörte ich von einem weit verbreiteten „europäischen“ Problem, über das ich auch in Schottland schon oft gesprochen habe. Viele junge Arbeitnehmer leisten nicht genug für ihre Arbeit. Hans erzählte mir, dass sie nachts nicht aufräumen, weil sie ihre Work-Life-Balance als unausgeglichen empfinden. Dass ihre Kollegen am nächsten Morgen Stress mit Aufräumen und Frühstück machen haben, scheint sie nicht zu stören. Woher kommt dieses egoistische Verhalten? Was läuft in der Erziehung unserer Generation falsch?

Nach einem interessanten Gespräch mit einer holländischen Familie in einem Café will ich mir endlich die Kandinsky-Ausstellung ansehen.
Doch plötzlich befand ich mich in Gesellschaft von 20 hübschen holländischen Studentinnen, die gerade einen kleinen Film für ihr Semesterprojekt drehten – sie sahen fast aus wie Teilnehmerinnen eines Schönheitswettbewerbs! Diese Begegnung war für mich eine hübsche Überraschung.
Im Gespräch erfahre ich, dass niederländische Studierende in der Regel 1.500 Euro Studiengebühren zahlen, je nach Einkommen der Eltern, während internationale Studierende bis zu 15.000 Euro zahlen müssen. Nach der Ausstellung habe ich mich noch lange mit Alex unterhalten, der vor drei Jahren aus Russland nach Amsterdam gezogen ist. Den Abend verbrachten wir in einer Pizzeria in der Nähe meiner Unterkunft.


Wie lebendig eine Stadt ist, zeigt sich oft daran, dass selbst bekannte Institutionen wie Museen ihren Namen ändern. Die Hermitage Amsterdam hat ihren alten Namen abgelegt und heißt jetzt H’Art Museum. Diese Namensänderung, die erst ein Jahr zurückliegt, steht im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Als Outlet der St. Petersburger Eremitage hatte das Museum herausragende Ausstellungen aus deren Bestand gezeigt. Ich finde es richtig, dass die Zusammenarbeit aus Protest beendet wurde, auch wenn es bedauerlich ist, dass diese kulturelle Brücke nun nicht mehr existiert.


Das H’Art Museum zeigt Werke von Kandinsky, die normalerweise im Centre Pompidou in Paris ausgestellt sind. Die Präsentation ist geschmackvoll gestaltet und bietet dem Besucher viel Raum. Die Ausstellung zeichnet die künstlerische Entwicklung Kandinskys nach und thematisiert auch seine Beziehung zu Gabriele Münter und der Künstlergruppe „Blauer Reiter“.
Darüber habe ich in einer interessanten Biografie über Münter gelesen. Ich erinnere mich an einen Besuch mit Freunden in Murnau am Staffelsee, wo sich die Künstlergruppe traf und eine neue Auffassung von Malerei entwickelte, die zukunftsweisend war.

Es ist wunderbar, wenn man Zeit hat, sich vor die Bilder zu setzen und sie genau zu betrachten. In den kühlen Räumen des Museums fühlte ich mich wohl, denn draußen zeigte das Thermometer über 30 Grad – für meinen Geschmack schon viel zu heiß.




So hübsch können Straßen aussehen, wenn keine Auto in ihnen parken!
Den Rest des Nachmittags und frühen Abends verbrachte ich in schattigen Cafés und unter Bäumen im Park. Auf dem Heimweg gönnte ich mir noch eine Pizza.

Am Ende des Tages kam ich auf 15.000 Schritte – genug, um es mir mit gutem Gewissen auf dem Balkon gemütlich zu machen.