
Heute werde ich eine Rundfahrt machen, die in der Stadt Oban ihren Wendepunkt haben wird. Unterwegs besuche ich Inverary Castle, Kilchurn Castle, Dunstaffnage Castle und Dunollie Castle. Theodor Fontane berichtet in seinem Reisebericht „Jensteit des Tweet“ von seinen Besuchen der beiden letztgenannten Burgen. Seine lebendigen Schilderungen haben bis heute nichts an Aktualität und Anschaulichkeit verloren.
Die Wolken hängen heute morgen besonders tief, man könnte es „Skyfall“ nennen.


Irgendwie sind die Löcher immer im Weg. Manche sind über 30 km lang und mehr als 300 m tief. Aus 20 km Luftlinie zwischen zwei Orten werden dann schon mal 60 km tatsächliche Fahrstrecke. In der Regel darf ich nirgendwo schneller als 60 km/h fahren.
Die Straßen sind meist sehr schmal. Der Radstand eines LKW oder Busses nimmt die gesamte Fahrspur ein, so dass man als entgegenkommender Fahrer sehr weit an den linken Fahrbahnrand ausweichen muss. Die Fahrbahnränder sind in der Regel nicht befestigt. Es besteht die Gefahr, dass man von der Fahrbahn auf den 10 – 20 cm tiefer liegenden Schotter rutscht, was unabsehbare Folgen haben kann. Da sich alle – bis auf die SUV-Fahrer, die immer noch nicht begriffen haben, wie breit ihre nutzlosen Autos sind – rücksichtsvoll verhalten, ist die Fahrt trotzdem angenehm.


„Skyfall“ heißt einer der letzten James-Bond-Filme und wurde zum Teil in Inverary Castle gedreht.
Wer „Downton Abbey“ mochte und verfolgte, wird das Gebäude in der Weihnachtsepisode ebenfalls wiedererkennen. Die öffentlichen Räume sind prunkvoll eingerichtet. Ob das auch in den anderen Räumen der Fall ist, in denen die Familie des Herzogs von Argyll wohnt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Besonders beeindruckend ist ein Raum in der Mitte des Gebäudes. Er hat eine Deckenhöhe von 21 Metern und ist mit mittelalterlichen Waffen dekoriert. Inveraray Castle ist von einem großen, symmetrisch angelegten Park umgeben, der sich nahtlos in die raue schottische Landschaft einfügt. Die Übergänge sind fließend.
„Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“, singt Eliza Doolittle in „My Fair Lady“, und einige Lieder dieses Musicals wurden von Frederick Loewe (Musik) und Alan Jay Lerner hier im Schloss geschrieben, als sie hier zu Gast waren. Es handelt sich um eine Adaption des Theaterstücks „Pygmalion“ von Bernard Shaw und im englischen Original handelt das Lied von einem Zungenbrecher auf Spain und Rain, den Eliza lernen soll.


Es ist offensichtlich, dass Kilchurn Castle seine Blütezeit hinter sich hat. Die Burg thront am nordöstlichen Ufer des Loch Awe und bietet, wenn die Wolken nicht zu tief hängen, einen atemberaubenden Blick auf die umliegenden Tyndrum Mountains, heißt es im Reiseführer. Die Ruinen, die auf einer einsamen felsigen Halbinsel liegen, strahlen eine unheimliche, fast gespenstische Stimmung aus. Der leichte Regen verstärkt diesen Eindruck noch. Dennoch wage ich den Abstecher und kann mir nur schwer vorstellen, wie entbehrungsreich das Leben für die Menschen gewesen sein muss, die einst in diesen Mauern lebten.

Dunollie Castle liegt auf einem Hügel nördlich von Oban und bietet einen weiten Blick über die Bucht von Oban und die umliegenden Inseln. Während der Führung lerne ich, dass die umliegenden Wälder zum Regenwald von Argyll gehören und mit vielen seltenen Pflanzenarten bewachsen sind. Bei einem kleinen Spaziergang durch die Wälder kann man sich davon überzeugen.

Die Chefin des MacDougall-Clans wohnt noch immer im kleinen Schloss nebenan.
Die Chefin des MacDougall-Clans wohnt noch immer im kleinen Schloss nebenan. An ihrem Flügel komponierte und spielte der Hamburger Felix Mendelssohn 1829 auf seiner Reise durch England und Schottland sein Konzert Opus 26 mit dem Titel „Die Hebriden“. Da ich die Inseln der Hybriden auf dieser Reise nicht besuchen kann, höre ich mir das Konzert auf der Weiterfahrt im Auto an.


Teatime mit Scone – daran könnte ich mich gewöhnen! Vor allem, wenn die Sonne wieder scheint. Der Golfstrom, der an der Westküste Schottlands vorbeizieht, bringt an einem Tag etwa 20 verschiedene Wetterlagen. Man muss nur ein bisschen warten, dann ist auch wieder etwas Passendes dabei.
Ein außergewöhnliches Bauwerk ziert die „Skyline“ von Oban. Die Umrisse eines Collosseums wie in Rom sind vom Hafen aus deutlich zu erkennen. Es ist die fast vollendete, herrlich spleenige Idee des Bankiers John Stuart McCaig, der 1895 den Bau eines Collosseums in Auftrag gab. Der Umfang der Außenmauern beträgt immerhin 200 m.


Als ich ins Hotel zurückkam, schien die Sonne. Vielleicht ein gutes Vorzeichen für morgen!
Theodor Fontane’s Reisebericht wird mir beim Abendessen Gesellschaft leisten. Seine Kommentare zu den Schlössern und dem Kolosseum lese ich gern noch einmal, weil sie sehr amüsant sind.