
Die Artemis wird von Ullapool nach Rostock überführt. Bei einer solchen Überführungsfahrt wird hauptsächlich gesegelt. 813 Seemeilen liegen vor uns. Ob wir Gelegenheit haben, an Land zu gehen, hängt vom Wind ab. Wir werden sehen.

Pünktlich sind alle 30 „Trainees“, wie die Mitsegler von der Crew genannt werden, an Bord. Die Kabinen sind verteilt. Sie liegen alle unter Deck und sind mit einem Etagenbett, einem Waschtisch, einer Dusche und einer Toilette ausgestattet.
Bis auf meinen Kulturbeutel lasse ich alles im Gepäck. Das Gepäck verstaue ich unter dem Bett. Damit ist das Einrichten erledigt. Die Kabinen haben keine Fenster, denn niemand kommt auf die Idee, aus einem Bullauge zu schauen, wenn man von Deck aus die ganze Welt sehen kann.

Zurück an Deck stellt der Kapitän seine Crew vor. Gleich nach der Suppe, die zur Begrüßung gereicht wird, können wir das Ablegemanöver verfolgen. Doch bevor es „Leinen los“ heißt, gibt es noch eine Sicherheitseinweisung. Anhand einer Zeichnung auf Deck werden uns die Namen der Segel erklärt.

Mit Motorkraft geht es durch den fjordähnlichen Hafen. Einige Stunden lang können wir die herrlichen Berge, wie z.B. „The Fiddler“, bewundern. Ich genieße diesen Anblick, den ich bei der Fahrt durch die Highlands nur hatte, wenn ich das Auto anhielt.
Die Berge zeigen eine breite Palette von Grau-, Blau- und Grüntönen, deren Intensität sich mit den wechselnden Sonnenstrahlen verändert. Die Wolkenschatten, die über die Landschaft ziehen, verleihen dem Bild zusätzliche Dynamik. So flüchtig wie dieses Farbenspiel sind auch die Gedanken. Ruhe kehrt ein, wenn sich der Blick auf den Berg selbst richtet und nicht auf seine Erscheinung.


Das Leben an Land, auch in Schottland, ist mir vertraut. Das Leben an Bord werde ich in den nächsten Tagen kennen lernen. Es ist meine dritte Reise auf einem Großsegler. Ich habe zwar schon eine Vorstellung davon, was mich erwartet, bin aber auch gespannt auf die neuen Erfahrungen, die mich erwarten.
Bis zum Abendessen stehen wir in kleinen Gruppen an Deck und lernen uns kennen. Ich habe mich sehr über die extra für mich zubereitete vegetarische „Bolognese-Sauce“ zu den Spaghetti gefreut. Gestärkt geht die erste Gruppe der Trainees auf Wache, denn auch nachts müssen die Segel nach Bedarf gesetzt werden. Der Schlafverzicht wird am nächsten Tag nachgeholt, aber oft schon in der Nacht mit einem atemberaubenden Sternenhimmel belohnt, den man so an Land nicht zu sehen bekommt.
Ein leichter Westwind mit 3-4 Knoten treibt uns voran. Kurz vor Mitternacht passieren wir Cap Wraft, den nördlichsten Punkt des schottischen Festlandes.

