11.09.2025 Hadrianswall

Mein herrliches Frühstück.

 

Es gibt Momente, da weht einen die Geschichte wie ein böiger Nordwind an – und nirgendwo spürt man dies intensiver als entlang des Hadrianswalls, wo sich einst das mächtigste Imperium der Welt seine nördlichste Grenze zog.

Kaiser Hadrian ließ zwischen 122 und 128 n. Chr. dieses 117 km lange Bauwerk quer durch Nordengland errichten, von Wallsend am River Tyne bis nach Bowness-on-Solway im Westen. Doch wer heute durch das hügelige Gelände fährt, ahnt schnell: Nicht jede Steinmauer ist der Hadrianswall. Jahrhundertelang haben fleißige Farmer die römischen Steine zweckentfremdet und ihre eigenen, wesentlich bescheideneren kilometerlangen Grenzmarkierungen errichtet. Man erkennt den Unterschied: Der echte Wall kommt wie aus einem kleinen Hain hervorgekrochen – eine solidere, wehrhafte Konstruktion.

In Corbridge Roman Town lässt der Audioguide vor dem geistigen Auge eine lebendige Garnisonsstadt entstehen. Hier, wo 1964 Archäologen eine hölzerne Truhe mit militärischer Ausrüstung aus dem Jahr 105-120 n. Chr. entdeckten, folgte der Städtebau einem strengen Schema – so uniform wie manche englische Neubausiedlung heute. Die von den Römern verwendete Blaupause für Garnisonsstädte funktionierte. Deshalb finden Archäologen sich in den Mauerresten zurecht wie Ikea-Käufer in der Möbelaustellung.

Auch in Vindolanda beherrschten die Römer 300 Jahre lang die Grenze. In dieser Zeit veränderte sich die Landschaft radikal. Die malerische, baumlose Hügellandschaft, die heute Postkartenmotive liefert, war vor 2000 Jahren fast vollständig bewaldet. Die importierte Badehauskultur verschlang Unmengen an Holz – ein antikes Wellness-Programm mit ökologischen Nebenwirkungen, das Generationen von Römern und Einheimischen die Wälder kostete. Ich vermute, dass damit auch der Niedergang der römischen Besatzung einhergeht, denn wie sollten die Römer sich mit ihren Sandalen nach Dienstschluss aufwärmen.

Im Museum beeindrucken besonders die 100 ausgestellten Schuhe durch ihre Vielfalt: Schuhmode gab es offenbar schon in der Antike. Die aktuellen Grabungen fördern immer wieder Erstaunliches zutage – unlängst einen Mühlstein aus einem Privathaushalt. Und die Archäologen fanden heraus: Hier waren Holländer, Belgier, Franzosen und Spanier stationiert. Multikulti unter römischen Feldzeichen – die EU ist also älter als gedacht.

Die Forts lagen strategisch alle 10 Kilometer voneinander entfernt, damit Nachrichten und Truppen bei Angriffen schnell transportiert werden konnten. Von den Anhöhen schweift der Blick über die weite Landschaft, während der Wind die Wolken jagt wie einst die Pikten und Skoten. Nur wenige Touristen trotzen gut gelaunt und mit einem freundlichen „Hello“ dem launischen Wetter.

Ich lege einen Moment später bei Sonnenschein eine kleine Pause ein und lausche dem Tyne, der noch immer so rauscht wie zu Hadrians Zeiten, dann wird klar: Manche Dinge überdauern Imperien, Sprachen und Jahrhunderte. Der Fluss, der Wind, die Steine – sie erzählen dieselbe Geschichte wie vor 2.000 Jahren.

Nur meine Pulsuhr piept anachronistisch dazwischen und erinnert daran, dass auch ich nur ein Wanderer auf den Spuren der Ewigkeit bin.

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei meinen behandelnden Ärztinnen und Ärzten und ihren Mitarbeitenden für ihren großartigen Einsatz danken. Ohne sie, wäre ich heute nicht hier! Dankeschön!

Abgesehen von dem prächtigen englischen Frühstück habe ich heute nichts gegessen. Mit großem Appetit kehre ich wieder bei „meinem“ Inder ein, wo ich auch heute leckeres Essen serviert bekomme.

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