
Ich werde von einer Schmusekatze geweckt – ein seltenes Glück. Leider mögen mich Katzen nicht so gern wie Hunde – was durchaus auf Gegenseitigkeit beruht. Aber wenn sich eine Katze schon am frühen Morgen schnurrend anschmust, kann und will ich nicht widerstehen.
Das Wetter ist heiter bis wolkig bei 15 Grad – perfekt für einen Museumsbesuch. In der Aberdeen Art Gallery gefallen mir zwischen den Gemälden besonders die vielen Objekte aus Glas, Ton und Keramik. Sie sind eine unaufdringliche Ergänzung zur Malerei. Die Sammlung ist überschaubar, vermittelt aber einen guten Eindruck vom künstlerischen Schaffen hauptsächlich schottischer Künstler.

Besonders angetan bin ich von diesem Bild des Engländers Harold Knight. Der Porträt- und Genremaler aus Nottingham (1874–1961) arbeitete später in Cornwall und London. Seine ruhigen, realistischen Werke lebten lange im Schatten seiner Frau Laura Knight, die als erste Frau in die Royal Academy aufgenommen wurde und deren lebhafte Persönlichkeit oft mehr Aufmerksamkeit erhielt.

Wir waren in die Galerie gegangen, um die Ausstellung „Monsters of the Deep: Science Fact or Fiction?“ zu besuchen – eine faszinierende Mischung aus mittelalterlichen Seekarten, konservierten Meereslebewesen und Kunstwerken, die sich mit den Lebewesen der Tiefsee beschäftigt, von der tatsächlich nur etwa 5 Prozent erforscht sind.
Das Rätsel um Loch Ness wurde auch hier nicht gelöst.

Nach der guten Kunst kam es am Abend zu einer bizarren Wendung: Wir landen bei Velvet Buzzsaw (deutsch: Die Kunst des toten Mannes), angelockt vom Staraufgebot – Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Toni Collette, John Malkovich. Bei solchen Namen darf man erwarten, dass sich der Film lohnt. Pustekuchen. Dan Gilroys satirischer Horror-Thriller entpuppt sich als cinematische Geisterfahrt. Die Geschichte handelt von übernatürlicher Rache in der Kunstszene von Los Angeles, nachdem die Gemälde eines verstorbenen Künstlers entdeckt werden. Klingt vielversprechend – ist es aber nicht. Gyllenhaal hatte bereits in Gilroys gefeiertem Debüt Nightcrawler die Hauptrolle gespielt, zusammen mit Gilroys Ehefrau Rene Russo. Damals brillant, jetzt spielen sie, als wären sie von Gilroy dazu gezwungen worden.
Was eine Satire auf die gierige Kunstwelt sein sollte, verfängt sich in ihren eigenen Klischees, ohne wirklich bissig oder auch nur unterhaltsam zu werden. Logik? Fehlanzeige. Wenn Netflix 2019 einen Film mit solcher Besetzung produziert und das Ergebnis derart hanebüchen ausfällt, fragt man sich schon, was da schiefgelaufen ist.
Manchmal macht es trotzdem Spaß, einen Totalausfall bis zum bitteren Ende zu verfolgen – schon um die wirklich guten Filme umso mehr zu schätzen. Nach diesem cinematischen Tiefflieger betrachte ich dankbar die echte Kunst in Aberdeen.
Dort hängt sie still an den Wänden, nimmt keine Rache und tut einfach nur das, was gute Kunst tun soll – berühren.