

Wie immer stehe ich um 6 Uhr auf. Da die Unterkunft kein Frühstück serviert, mache mir einen Tee mit dem Wasserkocher, der wirklich in jeder britischen Unterkunft bereitsteht und widme mich einer ausgiebigen Presseschau am Tablet. Dann packe ich meine Sachen ins Auto. Da ich nicht weiß, ob ich bei meiner nächsten Edinburgh-Reise wieder einen Wagen haben werde, beschließe ich spontan, North Berwick zu besuchen.

North Berwick hat einen riesigen Golfplatz und einen fantastischen Strand. In einem kleinen Café bekomme ich von der bulgarischen Inhaberin ein köstliches vegetarisches Frühstück. Als Betreiberin eines so kleinen Unternehmens hat ihr der Brexit nur Nachteile gebracht, erzählt sie mir.

Am Nachbartisch führen zwei amerikanische Schwestern eine lebhafte Diskussion über das „Regime im Weißen Haus“ – ihre Meinungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Als ein Ingenieur und seine Frau, eine Universitätsprofessorin für Psychologie, deren Plätze einnehmen, geht die Unterhaltung fast nahtlos weiter, jetzt über positive Psychologie in Zeiten einer Gesellschaft, die sich durch KI enorm verändern wird.
Ich bin völlig überrascht, als ich erfahre, dass er mein Frühstück bezahlt hat.
Bei einem längeren Spaziergang an der Promenade genieße ich die Meeresluft, bevor ich die Küstenstraße nach Edinburgh nehme – länger als der Herweg, aber sehr viel schöner. Am Strand unterhalte ich mich noch mit einem Lastwagenfahrer, der sich gerade von seinem Herzinfarkt erholt, über die Krankenversorgung in Großbritannien.

North Berwick Law, der markante Hügel am südlichen Rand der Stadt, ist ein ehemaliger Vulkankegel. Er ist der Überrest eines Vulkans, der vor etwa 335 Millionen Jahren aktiv war.
Der Pool im Vordergrund wird im Sommer von Kindern genutzt, jetzt aber von glücklichen Golden Retrievern und Labradore.


Noch teurer als gestern, dafür aber kleiner, ohne Tisch aber mit bunter Tapete und Frühstück 😉

Nach dem Einzug in meine neue Unterkunft – das Auto kann um die Ecke parken – fahre ich mit dem Bus zum National Museum. Die Begeisterung vom letzten Besuch im vergangenen Jahr stellt sich sofort wieder ein. 12 Millionen Objekte besitzt das Museum, und man bekommt schnell den Eindruck, dass sie die meisten davon zeigen.
An dieser Stelle möchte ich auf meinen Bericht von meinem ersten Besuch im letzten Jahr hinweisen. Einfach hier klicken.

Es ist ein wahres Füllhorn an wunderbaren und wundersamen Dingen aus Natur, Technik und anderen Bereichen. Auf den ersten Blick wirken manche Displays willkürlich, aber bei genauerem Hinsehen erkennt man das Konzept. Zum Beispiel geht es in einem um Größenverhältnisse: Ein Elefant steht im Unterkiefer eines Blauwals, zu dessen Füßen eine kleine Feldmaus sitzt.

Im Museumscafé treffe ich einen ehemaligen Unternehmer, der zuletzt ein paar Jahre als Butler auf einem Schloss gearbeitet hat. Es war eine inspirierende Unterhaltung über Lebenswege und Wendungen, interessanter als jeder Roman.
Der Tag endet wie am Vorabend im Mussel Inn, das ich diesmal ohne Google Maps gefunden habe. Ein Topf mit Muscheln ist wie ein Puzzle: Erst das Fleisch aus den Schalen zupfen, dann die Brühe mit dem Muschelfleisch genießen. Es ist fast ein meditatives Ritual, bei dem man sich Zeit lassen muss.



Draußen torkeln betrunkene Jugendliche von der Rave-Party am Fuß der Burg durch Edinburghs Straßen. Die Stadt zeigt ihre verschiedenen Gesichter: tagsüber kulturell und würdevoll, nachts jung und wild.
Jetzt geht’s zurück zur Unterkunft – mein Reisetagebuch habe ich schon in Gedanken formuliert, jetzt muss es noch geschrieben und die Foto editiert werden.
