Da die iCloud, in der die Fotos liegen, die ich für den Upload auf die Website benötige streikt, kann ich passenden Fotos erst später, evtl. erst in den nächsten Tagen einsetzen.

Gestern entdeckte ich ein nettes Lokal im Greenwich Market, in dem ich heute frühstücke. Ich kann mich nicht erinnern, auf meinen vielen Reisen in UK jemals Nebel erlebt zu haben. Premiere! Als die Sonne am Horizont aufzieht, verzieht sich der Nebel – und ich mich mit ihm Richtung Meer. Heute geht’s zurück ans Meer. Dazu muss ich aber erst nach London Liverpool Street Station und von dort mit dem Zug nach Harwich.
Wann ist man als Mann ein Greis? Wenn man im Alter nicht mehr reist!


Die Greenwich Standard Time, die weltweit als Maßstab für die Zeitberechnung gilt, ist in gewisser Weise genauso beliebig und konventionell festgelegt wie der Nullmeridian. Faszinierend an der seetauglichen Uhr ist die Perfektion der vielen kleinen und großen Zahnräder, die ineinandergreifen müssen, um eine präzise Zeitmessung zu ermöglichen. Atomuhren sind heutzutage der neue Standard.
Interessant ist auch, dass an der Außenseite des Observatoriums drei unterschiedliche Nullmeridiane angebracht sind. In Abhängigkeit von der Präzision der optischen Geräte und der Zeitmesser wurde die Linie immer genauer erfasst. Ein starkes Symbol dafür, den eigenen Standpunkt zu prüfen, wenn sich der Nebel der Unwissenheit lichtet.

Es scheint in der Natur des Menschen zu liegen, sich in Zeit und Raum zu verorten, um sich im Chaos und in der Unordnung der Welt zu orientieren. Andere Taktgeber – wie Ebbe und Flut – lassen uns wie ein Schiff auf dem Meer der Zeit tanzen. Daher kommt wohl auch meine Sehnsucht nach dem Meer.
Wie dem auch sei: Selbst die teuersten, schönsten Armbanduhren vermögen es nicht, auch nur eine Stunde dem eigenen Leben hinzuzufügen. Deshalb: Carpe Diem!
Der Zug nach London kommt in einer halben Stunde. Seine Strecke führt durch die riesigen Hochhäuser, die ich gestern vom Wasser aus sah. Die Gebäude sind interessant anzusehen – Beispiele für die effiziente Verdichtung von Wohnraum, verbunden mit dem Versprechen einer weiten Aussicht.
Aber ich bin sicher, dass die Architekten selbst lieber in historischen Townhouses wohnen als in diesen seelenlosen Türmen, in denen man seine Wohnung nur noch mit dem Fahrstuhl erreicht. Selbst im 23. Stock muss man die Gardinen zuziehen, um sich vor den Blicken der Mieter aus dem benachbarten Haus zu schützen.
Auf die Besichtigung der „Cutty Sark“, obwohl sie zum Weltkulturerbe gehört, habe ich verzichtet. Das Strandwetter in Harwich – blauer Himmel, Sonnenschein und angenehme 18 Grad – ist zu verlockend. Ich werde wieder über demselben Pub wohnen wie auf der Herfahrt.
Die Anreise mit drei Zügen verläuft reibungslos – alle sind pünktlich, das Umsteigen ist bequem. In der „Harwich Town Station“ kaufe ich die Fahrkarte für morgen früh und freue mich, dass ich meinen Koffer nicht allzu lange zum Pub/Hotel hinter mir herziehen muss.


Die Skulpturengruppen an der Liverpool Street Station in London und am Hafen von Harwich erinnern an die Kindertransporte. Und sie erinnern mich daran, dass ich mich – wenn ich wieder zu Hause bin – um die Veröffentlichung meines Manuskripts kümmern muss.

Nach einem leckeren Scampi-Salat um 13:30 Uhr mache ich mich auf zum Strand – mit den inzwischen eingelaufenen Schuhen, die keine Blasen mehr verursachen. Der Strand ist nicht so groß und breit wie der seines Gegenübers „Hoek van Holland“, aber für einen Spaziergang reicht er allemal. Auf dem Strandkai stehen kleine Büdchen, die als Strandhäuser gelten dürfen.
Daneben entdecke ich ein Hinweisschild zu den Sehenswürdigkeiten von Harwich. Besonders bedeutsam: Die „Mayflower“, jenes legendäre Schiff der Pilgerväter, wurde wahrscheinlich hier in Harwich gebaut – möglicherweise um 1607. Ihre berühmte Fahrt begann jedoch 1620 in Plymouth.
Ein praktisches Beispiel für die Nützlichkeit internationaler Konventionen und Abkommen: Am 6. September 1620 (nach julianischem Kalender) bzw. 16. September (nach gregorianischem Kalender) stach die „Mayflower“ mit 102 Passagieren von Plymouth aus in See – das war also vor der britischen Kalenderreform von 1752. Nach einer beschwerlichen 66-tägigen Überfahrt erreichte sie im November Cape Cod in Neuengland – dort, wo heute der hübsche Ort „Provincetown“ liegt und ich 1996 unvergessene Sommertage verbrachte.

Ich hatte mir Adressen von alten, historischen Kinos in Liverpool, Glasgow und Aberdeen herausgesucht. Diejenigen, die ich aufgesucht habe, waren in der Zwischenzeit zweckentfremdet oder gar abgerissen worden. Groß war meine Freude, als ich hier in Harwich das „Electric Palace“ Kino von 1911 entdeckte. Um 19:30 werden sie dort Mel Brooks‘ „Frankenstein Junior“ von 1974 spielen. Bester englischer Nonsense-Humor ganz nach meinem Geschmack und eine Zeitreise der besonderen Art.




Ich habe herzhaft gelacht, obwohl ich den Film schon einige Male gesehen habe.
Die Nacht wird recht kurz, denn um 7:45 beginnt das Boarding.
eider bekam ich keine Buchung für die Nachtfahrt, sodass ich heute in Harwich übernachten muss. Dafür werde ich morgen bequemer als auf der „Cutty Sark“ oder der „Mayflower“ bei schönstem Wetter und Sonnenschein über den Ärmelkanal reisen.